Nachhaltige und soziale Stadtplanung setzt den Einsatz innovativer Technologien voraus. Wie Entwürfe auf dem Reißbrett dann in Wirklichkeit aussehen werden und welche Auswirkungen sie auf die Umgebung haben, lassen sich mit einem digitalen Zwilling frühzeitig betrachten.
Stadtplanung ist dann nachhaltig, wenn sie bedarfsgerecht, langlebig und ressourcenschonend ist und den Anforderungen der Gegenwart und Zukunft gerecht wird. Neue Entwicklungen sollen klimaresilient sein sowie Mobilitäts- und Energieversorgungskonzepte berücksichtigen.
Wie der digitale Zwilling hilft, die Anforderungen zu meistern
Oft hilft schon die Visualisierung einer Planung in 3D, um zukünftige Entwicklungen für politische Entscheider, Fachabteilungen und Bürger:innen besser sichtbar zu machen. Konsequenzen von Planungen können so früh abgeschätzt und Fehlentwicklungen vermieden werden.
So hat zum Beispiel die Stadt Coburg über den Bau eines Entwurfs entschieden, nachdem dieser in das 3D-Stadtmodell integriert wurde. “Der planerische Entwurf stellte eine große Herausforderung dar, denn das Gebäude sollte sich gut in das bestehende Quartier einfügen. Die Darstellung im 3D-Modell konnte die Auswirkungen in Bezug auf die örtlichen Gegebenheiten aufzeigen. Gerade weil das Vorhaben in Öffentlichkeit und Politik mit großer Aufmerksamkeit verfolgt wird, war es wichtig, dieses Bauvorhaben so transparent wie möglich allen Betroffenen näherzubringen. Die Betrachtung des Modells während einer bestimmten Sonnenposition mit dem jeweiligen Schattenwurf gibt einen weiteren wichtigen Aufschluss zu planerischen Überlegungen”, so Karl Baier, Leiter des Stadtbauamtes Coburg.
Planung mit ArcGIS Urban
Mittels Kennzahlen in ArcGIS Urban können Projekte schon in frühen Planungsphasen quantifiziert werden: Verschiedene Planungsvarianten lassen sich durchspielen und Zahlen zu geschaffenem Wohnraum und Arbeitsplätzen automatisch berechnen. Kennziffern zum benötigten Energie- und Wasserbedarf helfen, die Energieversorgung des Quartiers abzuschätzen und nachhaltig zu planen. Die Anforderungen an ein zu entwickelndes Quartier können so schon während der Planung validiert und der Entwurf einfach angepasst werden.
Der Esri-Partner alta4 hat die Kennziffern erweitert, um den umbauten Raum und die durchschnittlichen Baukosten zu ermitteln. So sollen für verschiedene Bauweisen die Kosten und der Energieverbrauch gegenübergestellt werden können.
Neben der Berechnung von geforderten Parkplätzen (Stellplatznachweis), kann auch die voraussichtliche Anzahl und Altersverteilung von Kindern in einem geplanten Wohnviertel ermittelt und so der Bedarf an Betreuungseinrichtungen und Schulplätzen abgeschätzt werden.
Ebenso wichtig für nachhaltige Stadtentwicklung sind Grünflächen. Sie regulieren die Temperatur, reinigen die Luft und wirken sich positiv auf Stadtklima und Gesundheit aus. Kennzahlen zu öffentlichen Grünstrukturen können berechnet und Anforderungen zur Begrünung sichtbar gemacht werden.
Digitale Projektbegleitung: Von der Bestandsaufnahme bis zum Bau
Auch ganze Projekte können so digital begleitet werden. Der digitale Zwilling unterstützt dabei, Bauprozesse nachhaltiger zu gestalten. In der Stadt Trier soll beispielsweise auf dem ehemaligen Gelände der General-von-Seidel-Kaserne ein nachhaltiges Gewerbegebiet entstehen. Alte Gebäude werden abgerissen.
Durch Bestandsaufnahme per Drohnenbefliegung und anschließender Massenbilanzierung lässt sich hier im Detail berechnen, wie viel Abbruchmaterial an einer Stelle anfällt und an anderer Stelle direkt verwertet werden kann. Die Visualisierung der Baufenster für das neu geplante Gewerbegebiet erfolgte anschließend in ArcGIS Online. Bestandsgebäude wurden aus dem Mesh übernommen.
Fazit: Alle Beteiligten sitzen an einem digitalen Tisch
Die 3D-Visualisierung von Stadtplanungsprozessen im digitalen Zwilling bringt über eine gemeinsame Onlineplattform alle Beteiligten an einen digitalen Tisch. Planungsprozesse werden transparenter und durch eine frühe Zusammenarbeit und das Sichtbarmachen der Planungsauswirkungen sowohl schneller als auch nachhaltiger.
Autorin:
Maria Orth
Leitung GIS Academy und 3D Visualisierung bei alta4 AG