Im Norden Dortmunds ist in rund 30 Jahren ein Gebirge gewachsen: Die Greveler Alm. Der Untergrund der ehemaligen Deponie besteht überwiegend aus Bauschutt und Hausmüll, der begrünt wurde. Das heutige Naherholungsgebiet erfordert jedoch Pflege: Denn nicht nur Ausflügler lieben die Alm, sondern auch invasive Pflanzen wie der Riesenbärenklau, der sich schnell verbreitet. Ihm rücken Vermessungsexperten nun mit modernster GIS-Technik und Augmented Reality zu Leibe.
Das in Dortmund ansässige Vermessungsunternehmen Tiemann & Partner erhielt von der Dortmunder Entsorgungsgesellschaft (EDG), die die Halde betreibt, einen ganz speziellen Auftrag: Die Kartierung von Standorten des Riesenbärenklaus auf der Greveler Alm. Da bei Kontakt mit der Pflanze Stoffe übertragen werden, die zu erheblichen Verbrennungen der Haut führen können und sie zudem heimische Arten verdrängt, musste der Wildwuchs gestoppt werden – und zwar nicht mit Chemie, sondern durch intensives Mähen.
Früher: analog statt digital
Früher erfasste ein Vermesser dazu die Standorte des Riesenbärenklaus mit einem GNSS-Controller für die genaue Positionsbestimmung via globaler Navigationssatellitensysteme. Die ermittelten Koordinaten wurden dann in Lagepläne eingefügt und diese anschließend als PDF-Dateien an die EDG geschickt. Sie reichte die Pläne an Dienstleister wie Landschaftspfleger weiter. Mit den ausgedruckten Plänen navigierten dann Mitarbeiter der beauftragten Unternehmen mit einem herkömmlichen kartenbasierten Navigationssystem zu den Riesenbärenklau-Standorten auf der Halde.
Heute geht das komfortabler – analoge Pläne und Arbeitsabläufe sind nicht mehr nötig. In Kooperation mit dem Esri-Partner frox IT kommt dazu jetzt eine schlanke Lösung zum Einsatz. Sie beinhaltet
- die FLX-100-GNNS-Antenne von Leica zur Datenerfassung samt Verbindungssoftware Leica Zeno Connect und
- das Smartphone des Anwenders, auf dem die Augmented-Reality-Anwendung „FX Reality App“ von frox installiert ist.
Aus diesen Komponenten entsteht ein komplettes, benutzerfreundliches AR-Set – gemäß dem Motto: Bring your own device.
Heute: Wissen leicht gemacht
Der Vermesser vor Ort erfasst die Standortdaten mit der FLX100 Smart-Antenne – einer GIS-Antenne für die Hosentasche. Der Winzling mit einem Gewicht von rund 300 Gramm genügt dabei auch höchsten Genauigkeitsansprüchen: Der Mehrfrequenz-GNSS-Empfänger erreicht Genauigkeiten im Zentimeterbereich – ein klarer Vorteil gegenüber einer auf 20 Meter genau kartierten Koordinate.
Über Zeno Connect wird das Windows- oder Android-Smartphone/Tablet mit der FLX-GNNS-Antenne verbunden. Es erhält so die genauen Koordinaten. Im Zusammenspiel mit der FX Reality App wird daraus ein High-end-Vermessungsgerät: Die AR-App von frox, die auf die Koordinaten zugreift, integriert weitere Bestandsdaten – auch aus verschiedenen Quellen – in Echtzeit und visualisiert diese auf dem Display des Smartphones. Die erfassten Punkt- und Linienobjekte werden dann direkt mit Attributen und (Handy-)Fotos in den Feature Service der ArcGIS-Plattform übertragen, so dass auch andere Nutzer damit arbeiten können.
„Aufgrund der ausgedehnten Wiesen auf der Halde sind die Standorte des Riesenbärenklaus beim Mähen oft nicht mehr auf den ersten Blick zu sehen und dadurch schwer zu kontrollieren. Die Ortung durch die Smart-Antennen in dem rund vier Kilometer langen Wegenetz ist zentimetergenau. Mit dieser Lösung kann der Anwender die Riesenbärenklau-Flächen auch im gemähten Zustand leicht finden“, sagt Christoph Babilon, GIS-Experte von frox IT.
Die Digitalisierung des Workflows wird um mindestens 70 Prozent beschleunigt.
Das spart Zeit und Geld: Die Digitalisierung des Workflows – Erfassung, Datenaufbereitung und Bereitstellung – wird um mindestens 70 Prozent beschleunigt.
GIS und AR nicht nur für Experten
Der Anschluss der GNSS-Antenne erfolgt per Plug and Play, und die Kalibrierung und Suche in der AR-Oberfläche ist intuitiv. „Damit können nicht nur Experten, sondern auch Laien funktionsreiche GIS-Daten mit der Augmented-Reality App auf einem Smartphone oder Tablet kombinieren und Messungen oder Berechnungen durchführen“, sagt Babilon.
Zu den Einsatzbereichen zählt beispielsweise die Visualisierung von Grundstücksgrenzen, Kanälen, unterirdischen Leitungen, Bohrpunkten oder Straßeninventar. Auf einen Blick erhalten die Anwender ein umfassendes Bild der Datenbestände zum jeweiligen Ort und seinen Objekten, die auch unter der Erdoberfläche liegen können. Und bislang fehlende Objekte lassen sich nun zentimetergenau einmessen.
Fazit
Augmented Reality in Verbindung mit einer Plattform wie ArcGIS schafft Durchblick und Einblick. Die Kombination reichert die Wirklichkeit um die für das menschliche Auge zunächst unsichtbaren Informationsebenen Text oder Bild an. Für viele Anwender, darunter Kommunen, Netzbetreiber, Bauunternehmen oder Energieversorger, stellt die Technik die nötigen Werkzeuge bereit, mit denen teure Fehler vermieden und Prozesse optimiert werden können. Denn alle Daten stehen in Echtzeit zur Verfügung und können von unterschiedlichen Anwendern ihren Anforderungen entsprechend genutzt und geteilt werden.