Lesen Sie, wie zukunftsfähige Stadtplanung durch fortschrittliche Technologien transformiert wird. Dr. sc. Sibylle Wälty und Dr. iur. Miriam Lüdi erklären, wo sie die großen Herausforderungen in der Stadtplanung sehen und wie moderne GIS-Technologie dabei hilft, ökologische und ökonomische Ziele sowie die Bedürfnisse der Bevölkerung in Einklang zu bringen.
Von Dr. sc. Sibylle Wälty, Forschungsgruppenleiterin & Dozentin an der ETH Zürich sowie CEO von Resilientsy und Dr. iur. Miriam Lüdi, COO Resilientsy & Dozentin an der HSO
Die Welt der Stadtplanung ist ein komplexes Geflecht, das die vielfältigen Interessen verschiedener Akteur:innen berücksichtigen muss. Dabei ist eine transparente und datenbasierte Interessenabwägung von entscheidender Bedeutung, um Zielkonflikte fair zu lösen und eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Die Herausforderung besteht darin, einen harmonischen Ausgleich zwischen oft divergierenden Interessen zu finden und gleichzeitig die Bedürfnisse der Bevölkerung in den Mittelpunkt zu stellen.
Während die bisherige Stadtplanung hauptsächlich im zweidimensionalen Raum stattfindet, erkennen wir die Notwendigkeit, über traditionelle Ansätze hinauszugehen, um die Vielfalt der Interessen zu verstehen und potenzielle Auswirkungen von Stadtentwicklungen präziser vorherzusagen und zu visualisieren. Sowohl in der Praxis unseres Unternehmens Resilientsy als auch in der Forschung und Lehre an der ETH Zürich setzen wir auf realistische 3D-Modelle, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Durch die Integration von Datenanalysen und Simulationen in verschiedenen Szenarien und über unterschiedliche Zeiträume ermöglichen wir sogar eine vierdimensionale Modellierung und Visualisierung des städtischen Raums.
Diese Herangehensweise eröffnet neue Perspektiven für die Stadtplanung und bietet die Möglichkeit, fundierte Entscheidungen zu treffen, die den sich ständig ändernden Umstände wie Bevölkerungswachstum, Wohnraumnachfrage, Klimawandel und Mobilität berücksichtigen gerecht werden.
Für die Planung, Modellierung und Visualisierung von Stadtentwicklungen vertrauen wir auf ArcGIS-Technologie. Durch die Integration von zweidimensionalen, dreidimensionalen und sogar vierdimensionalen Daten direkt im ArcGIS Scene Viewer können wir eine umfassende Darstellung des städtischen Raums schaffen. ArcGIS Urban eröffnet uns die Möglichkeit, verschiedene Entwicklungsszenarien zu entwerfen und Kennzahlen für Entscheidungsträger:innen zu berechnen. Diese Daten und Visualisierungen sind entscheidend, nicht nur für die interne Planung, sondern auch für eine transparente Kommunikation mit der Bevölkerung. Indem wir komplexe Zusammenhänge in anschauliche Visualisierungen umwandeln, können wir der Bevölkerung aktiv in den Planungsprozess einbeziehen und eine informierte Diskussion über die Zukunft ihrer Städte fördern.
Für uns kommt der Mehrwert von 3D- und 4D-Visualisierung bei vielen Schritten im Planungsprozess zum Tragen. Wir möchten hier 3 Punkten herausheben.
Bessere Raumplanung
Das Modellieren und Visualisieren von Entwicklungsprojekten bietet eine auf Zahlen fundierte Grundlage, auf der Entscheidungen in der Planung getroffen werden. Prognosen für die Zukunft – und damit Dichte- und Rechtsanalysen – werden genauer, so dass Planungsbehörden ihre Entscheide nachhaltiger, besser und transparenter fällen können.
Beispiel:
Die Dichte-Analysen bei Oberstadt in Baden zeigen auf, wie sich die Nachbarschaft in den nächsten 100 Jahren weiterentwickeln können sollte, damit eine haushälterische Bodennutzung möglich wird. Diese Analysen ermöglichen, dass in der Raumplanung Festlegungen getroffen werden, welche diese Entwicklungen unterstützen.
Dank Transparenz mehr Akzeptanz
Dreidimensionale (3D) und sogar vierdimensionale (4D) Visualisierungen des städtischen Raums schaffen eine äußerst anschauliche Diskussionsgrundlage für demokratische Planungsprozesse. Der Einsatz dieser Technologien ermöglicht es, komplexe städtische Daten und Szenarien in realistischen 3D-Modellen darzustellen, die die räumliche Dimension sowie zeitliche Veränderungen integrieren. Diese zugängliche Darstellung erleichtert es den Menschen, ihre Meinungen zu äußern und konstruktive Vorschläge zu machen, was zu einer inklusiveren und demokratischeren Planung führt.
Beispiel:
Die Daten aus den Dichteanalysen und den 4D-städtebaulichen Visualisierungen, wie sie hier am Beispiel Zürich Altstetten gezeigt werden, ermöglichen es, transparent mit der Bevölkerung zu kommunizieren. Dadurch kann deutlich gemacht werden, warum und wo eine Verdichtung stattfinden kann, um Verkehr, Zersiedelung und Gentrifizierung einzudämmen.
Resiliente Immobilienentwicklung
Durch die Nutzung von dreidimensionalen Entwicklungsszenarien werden Berechnungen und Visualisierungen zu einem integralen Bestandteil eines Entwicklungsprozesses von Immobilien. Sorgfältig durchdachte Daten helfen dabei, in Verhandlungen mit Planungsbehörden zu überzeugen und der Bevölkerung die sozialen, ökologischen und ökonomischen Vorteile von Bauprojekten aufzuzeigen. Diese transparenten Analysen und Visualisierungen erhöhen nicht nur die Planungs- und Rechtssicherheit für Bauprojekte, sondern helfen auch, politische Blockaden zu überwinden und Streitigkeiten mit Nachbarn zu lösen.
Beispiel:
Mit ArcGIS und den von Sibylle Wälty vorgenommenen Berechnungen können das Dichtepotenzial einzelner Parzellen in 4D visualisiert werden. Mithilfe städtebaulicher Szenarien lässt sich aufzeigen, wie nachhaltige 10-Minuten-Nachbarschaften umgesetzt werden können. Durch eine datenbasierte Interessenabwägung kann ferner dargestellt werden, wie sich die Gewichtung verschiedener Interessen, wie zum Beispiel des Denkmalschutzes, auf die Dichte auswirkt. Darüber hinaus kann geprüft werden, ob die aktuelle Raumplanung das nachhaltige Dichtepotenzial unterstützt oder ob Anpassungen der Raumplanung erforderlich sind, um dieses Potenzial zu realisieren. Mit klaren Prozessschritten lässt sich verdeutlichen, wie die Raumplanung beeinflusst werden muss. Zusätzlich können potenzielle Konflikte, beispielsweise im Bereich des Lärmschutzes oder anhand von ISOS-Daten, dargestellt werden.