Innovation entsteht nicht im luftleeren Raum, sondern in Netzwerken von Menschen, Ideen und Orten. Mithilfe räumlicher Analysen lässt sich nachvollziehen, wo diese Dynamiken sichtbar werden und wie sie die Zukunft prägen.
Damit Innovation gedeihen kann, spielt Geografie eine entscheidende Rolle. Das ist die zentrale Erkenntnis einer aktuellen Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde und Innovationsnetzwerke in fünf der größten Metropolregionen Chinas kartiert. Die Ergebnisse liefern einen Leitfaden dafür, wie Location Intelligence genutzt werden kann, um zu verstehen, wie und wo Innovation entsteht.
Buzz und Pipeline
Die Studie definiert Innovation als einen dynamischen Prozess, der den Austausch von Wissen, Technologie und Ressourcen umfasst. Die Forschenden verfolgten, wie Unternehmen bei Patenten und wissenschaftlichen Veröffentlichungen zusammenarbeiteten, um eine zentrale Theorie zu testen, die zu Beginn dieses Jahrhunderts aufgestellt wurde: Innovation funktioniert am besten, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind.
Die erste ist der sogenannte „Buzz“-Faktor. Unternehmen sollten geografisch mit anderen Firmen und Institutionen, die ebenfalls Innovationen verfolgen, gebündelt sein. So entstehen Möglichkeiten für persönliche Begegnungen, Wissensaustausch und unerwartete Lernerfahrungen.
Die zweite Bedingung ist die „Pipeline“. Dabei verbinden sich diese lokalen Cluster mit entfernten Innovationszentren und holen externes Wissen und Unterstützung herein.
Die Buzz-und-Pipeline-Theorie, entwickelt von Wirtschaftsgeograf:innen in den frühen 2000er Jahren, legt nahe, dass sowohl lokale Dichte als auch langfristige Verbindungen notwendig sind, damit Innovation gedeihen kann.
Kartierung von Innovationsnetzwerken
Die Forschenden der Nature-Studie haben diese Innovationsnetzwerke in fünf Metropolregionen Chinas kartiert, um die Theorie in der Praxis zu beobachten.
Sie untersuchten Tausende gemeinsam verfasste wissenschaftliche Arbeiten und gemeinsame Patentanmeldungen und notierten den Standort jedes einzelnen Mitarbeiters. Im Jangtse-Delta, Chinas größtem Ballungsraum, könnten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beispielsweise in Shanghai und eine andere Person in Nanjing ansässig sein
Diese Daten ermöglichten es den Autoren, Karten des Buzz-Netzwerks für jede Metropolregion zu erstellen. Sie zeigen, welche Städte die zentralen Innovationsknoten sind und welche am stärksten mit anderen verbunden sind. Shanghai und Nanjing sind die wichtigsten Knotenpunkte im Jangtse-Delta, aber auch zwischen anderen Städten wie Hefei und Hangzhou bestehen starke Verbindungen.
Die Autoren erstellten ähnliche Karten der Innovationsnetzwerke in den vier anderen Metropolregionen. Das Ergebnis war eine grafische Darstellung des Innovations-Buzz.
Um die langfristigen Verbindungen sichtbar zu machen, die den Pipeline-Effekt erzeugen, kartierten die Autoren Kooperationen, die sich von einer Metropolregion zur anderen erstrecken – manchmal über Hunderte von Kilometern. Das Ergebnis war eine große Karte der Innovations-Pipeline Chinas, mit Beijing, Shanghai, Shenzhen und Chengdu als den wichtigsten Knotenpunkten.
Innovationsnetzwerke brauchen starken Buzz
Im letzten Teil der Studie wurden die Funktionsweise dieser Innovationsnetzwerke sowie die Vorteile für jede Region analysiert und getestet.
Die Forschenden nutzten Satellitendaten und andere analytische Methoden und kamen zu dem Schluss, dass der Buzz sogar noch wichtiger ist als bisher angenommen. Der Pipeline-Effekt funktioniert nur, wenn bereits eine starke Grundlage für persönliche Zusammenarbeit vor Ort besteht.
Geografische Ansätze zur Innovationsprognose anwenden
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie: Durch Kartierung werden unsichtbare Innovationsmuster sichtbar. Obwohl Innovationsnetzwerke zunächst einfach erscheinen, zeigt erst die geografische Visualisierung, wie sie tatsächlich funktionieren.
Unternehmen können diesen Ansatz nutzen, indem sie Geoinformationssysteme (GIS) einsetzen, um ihre eigenen Innovationsdaten zu analysieren.
Detaillierte Informationen zu Innovationen in verschiedenen Branchen in 42 Ländern sind in der Innovationsindikatoren-Datenbank der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) verfügbar.
Patentdatenbanken ermöglichen es Unternehmen ebenfalls, Analysen ähnlich wie in der Nature-Studie durchzuführen. Das Europäische Patentamt stellt eine detaillierte, mit Standortdaten versehene Datenbank zur Verfügung, die es Unternehmen ermöglicht, die Städte und Regionen zu analysieren, in denen bestimmte Arten von Innovationen entstehen.
Mit standortbezogenen Social-Media-Daten aus Quellen wie LinkedIn können Analysten die Zusammensetzung von Innovationsnetzwerken weiter erforschen.
Die Lehre, die Unternehmen aus der Nature-Studie ziehen können, ist, dass die Verbreitung von Innovation immer eine geografische Komponente hat. Mit etwas Kreativität und Tools wie GIS können Entscheidungsträger:innen einen geografischen Ansatz nutzen, um besser zu verstehen, wie und wo Innovation gedeiht.
Dieser Beitrag ist eine Übersetzung des amerikanischen Original-Beitrags.
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