Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus? Im Experten-Gespräch verraten Isabella Flüeler und Holger Lipke, was das Konzept Smart Workplace ausmacht – und warum wir unsere Arbeitsplätze vielleicht bald via App reservieren.
Esri Redaktion: Hallo ihr beiden, immer mehr Unternehmen arbeiten an flexiblen Arbeitsplatz-Lösungen, so genannten Smart Workplaces. Was genau ist damit eigentlich gemeint?
Isabella: Smart Workplaces zeichnen sich durch ihre Flexibilität aus. Es ist nicht mehr wie früher, als jeder Mitarbeitende einen festen Schreibtisch hatte. Die Unternehmen haben festgestellt, dass die Büroräume häufig nicht besetzt sind. Die Leute sind unterwegs beim Kunden, im Homeoffice, sie haben Urlaub oder sind krank. Da kann man sich überlegen, ob man die Büros nicht vielleicht lieber etwas großzügiger und offener gestaltet, dafür aber den Schreibtisch mehreren Mitarbeitenden anbietet. Zum Beispiel über ein Buchungssystem. Beim so genannten Office Hoteling reservieren sich die Mitarbeitenden ihren Arbeitsplatz via App.
Holger: Smart wird ein Büro, wenn man sich adhoc und agil treffen und austauschen kann. Ich muss mich ja nicht immer zur selben Person ins Büro setzen, sondern kann in sich ständig ändernden Arbeitsgruppen zusammensitzen. Die Verfügbarkeit von Besprechungsräumen ist da auch ganz wichtig. Und natürlich das Kalendermanagement.
Isabella Flüeler ist Expertin für Indoor Navigation und Business Development.
Office Hoteling ist vergleichbar mit der Urlaubsbuchung: Wenn ich Sonne und Meer möchte, buche ich ein Hotelzimmer am Mittelmeer. Wenn ich mit dem Vertrieb zusammenarbeite, buche ich einen Raum in der Nähe des Vertriebs.
Isabella Flüeler
Was steckt hinter dem Konzept Office Hoteling?
Isabella: Dahinter steckt die Idee, dass der Arbeitsplatz exakt den Bedürfnissen entsprechen soll, die ich im jeweiligen Moment habe. Das Konzept Office Hoteling lässt sich zum Beispiel mit ArcGIS Indoors umsetzen: Mitarbeitende buchen via App einen Schreibtisch bzw. einen Büroraum. Der Arbeitgeber legt vorher fest, welche Räume und Arbeitsplätze frei buchbar sind.
Mitarbeitende, die sich regulär an anderen Standorten oder im Home-Office aufhalten, können angeben, in welchem Zeitfenster sie sich in der Firmenzentrale aufhalten wollen und bekommen eine Liste von verfügbaren Räumen angezeigt. Außerdem sieht der User die Lage des Raumes und er kann über weitere Kriterien die Liste weiter ausdünnen. Vielleicht möchte die Person gerne am Fenster sitzen und in der Nähe der Kolleginnen und Kollegen aus ihrer Abteilung.
Das ist vergleichbar mit einem Urlaub. Wenn ich Sonne und Meer möchte, buche ich ein Hotelzimmer am Mittelmeer oder an der Atlantikküste. Wenn ich Berge will, buche ich eine Hütte in den Alpen. Und wenn ich eng mit dem Vertrieb zusammenarbeite, dann buche ich einen Raum in der Nähe des Vertriebs.
Gerade auf großen Firmengeländen ist das Kalender- und Terminmanagement eine Herausforderung. Kommt da das Konzept Smart Workplace an seine Grenzen?
Isabella: Keineswegs. Über die mobile ArcGIS Indoors App können Sie sich beispielsweise freie Konferenzräume in der Nähe anzeigen lassen. Über die Outook365-Integration hat man Zugriff auf den Raumkalender und sieht die verfügbaren Zeitfenster. Hat man einen Raum für die gewünschte Zeit gefunden, kann dieser über die App gebucht werden. Außerdem können Sie Kolleginnen und Kollegen zu dem Termin einladen. Bei allen Teilnehmenden und im Konferenzraumkalender wird der entsprechende Termin eingetragen. Die Personen können dahin navigieren und bekommen auf Wunsch sogar einen Hinweis, wann sie aufbrechen müssen, um nicht zu spät zu kommen.
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Ob auf Firmengeländen oder in großen öffentlichen Gebäudekomplexen wie Flughäfen, Universitäten oder Krankenhäusern – ArcGIS Indoors unterstützt bei der Navigation im Gebäudeinneren. Mehr im Gratis-E-Book.
Holger: Bei mehreren tausend Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann das eine erhebliche Optimierung des Zeitmanagements mit sich bringen. Die Mitarbeitenden wie auch Gäste können mit der Indoors-App die Raum-Information auch als Nachricht teilen. Und für die Kollegen ist über die Arbeitsplatzkarte innerhalb der App ersichtlich, wo sich die im Meeting befindlichen Personen aufhalten. In Zukunft wird es sogar möglich sein, aus der App heraus auf die Kalender der Teilnehmenden zuzugreifen, um deren Verfügbarkeit zu prüfen. Es werden dann auch andere Kalendersysteme als Outlook unterstützt.
Holger Lipke ist in Sales bei Esri zuständig für New Business.
Wie lässt sich so etwas technisch umsetzen?
Holger: Um die Indoor-Navigation mit ArcGIS Indoors aufzubauen, müssen zunächst die Gebäudepläne in das Datenmodell überführt werden. Es kann sein, dass Pläne gar nicht digital vorliegen oder veraltet sind. Da ist es notwendig, das Gebäude von innen zu scannen und aus den Scans Raumgeometrien abzuleiten. Alle möglichen Informationen zu Inventar, Geräten, Wartungszyklen, Points of Interest usw. können ortbezogen dargestellt werden.
Und nach dem Scan des Firmen-Geländes?
Isabella: Um anschließend den Blauen Punkt, den blue dot, in der Navi-App im Innenraum zu bekommen, muss ein Indoor Postioning System aufgebaut werden. Dafür werden Beacons an der Wand befestigt. Das sind kleine, leichte Kästchen, kleiner als ein Rauchmelder, die ein Bluetooth-Signal aussenden, die von Smartphones empfangen werden können. Wenn das Smartphone das Signal von mehreren Beacons empfängt, kann der Standort bestimmt werden. Der Standtort wird in der App als Blauer Punkt angezeigt, wie man es von draußen kennt.
Holger: In einem typischen Bürogebäude gehen wir davon aus, dass man pro 25 m² einen Beacon benötigt. Die Kosten für die Beacons und auch für die Datenaufbereitung hängen von der Größe und Struktur des Gebäudes ab. Wenn man neben der Navigation weitere Systeme und Daten anbindet, und wir bieten da alle Schnittstellen, baut man einen digitalen Zwilling des Gebäudes auf.
Das klingt kompliziert – und teuer…
Isabella: Das ist es aber nicht. Man spart sogar noch Geld. Ungefähr drei Prozent ihrer Arbeitszeit verbringen Mitarbeitende mit dem Suchen. Sie suchen nach Räumen und Kollegen, suchen freie Räume, und helfen Anderen beim Suchen oder weisen ihnen den Weg. Rechnet man das hoch auf alle Mitarbeiter und mit den durchschnittlichen Lohnkosten, so kommt man bei einem Betrieb mit mehreren Tausend Mitarbeitenden auf Kosten von über 10 Millionen Euro, die mit Suchen verschwendet werden.
Auch mit ArcGIS Indoors werden die Leute weiterhin suchen, aber nicht mehr so oft und viel. Sie können viel Zeit für wirtschaftlichere Dinge verwenden. Der Investitionsbetrag wird sich nach wenigen Monaten amortisieren. Wenn man neben der Navigation weitere Aspekte der täglichen Arbeit hinzunimmt, ergeben sich schnell weitere Vorteile.
Welche Vorteile sind das?
Isabella: Da wäre zum einen der Überblick. Transparenz ist wichtig, damit die Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz und alle dort stattfindenden Aktivitäten verstehen. Da bei ArcGIS Indoors alle Arbeitsabläufe mit einem Standort verbunden sind, hat man jederzeit einen Überblick. Mit einem Dashboard können alle Abläufe innerhalb des Gebäudes in einen Standortkontext gesetzt und visualisiert werden. So erhält man auf Knopfdruck ein Lagebild über das gesamte Gebäude, und erkennt damit auf einen Blick die Auslastung der verfügbaren Räume, kumulierte Bewegungsmuster und bevorzugte Kontaktpunkte.
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Lässt sich das Indoor-Navigations-System auch mit anderen Management-Systemen verknüpfen?
Isabella: Ja. In ArcGIS Indoors lassen sich zum Beispiel die Arbeitsprozesse im Facility Management einbinden. Motivation und Produktivität der Mitarbeiter sind am höchsten, wenn die Prozesse am Arbeitsplatz reibungslos ablaufen. Nichts ist frustrierender als eine dysfunktionale Arbeitsumgebung oder eine Ausstattung, die die Mitarbeiter daran hindert, ihrer Arbeit ordnungsgemäß nachzugehen.
Um sicherzustellen, dass alle Anlagen und Einrichtungen jederzeit voll funktionsfähig sind, benötigt man ein effizientes Wartungs- und Reparaturmanagementsystem. Mithilfe einer digitalen Arbeitsplatzkarte können Mitarbeiter Probleme und ihren Standort innerhalb der Einrichtung einfach melden. Das technische Personal hingegen hat einfachen und schnellen Zugang zu detaillierten Informationen über gemeldete Probleme und kann sofort dahin navigieren.
Holger: Über eine Survey App von Esri oder von Drittanbietern wie ServiceNow können die Wartungsmaßnahmen mit Position, Foto und Kommentaren dokumentiert werden. Zum Schluss kann der Auftrag im System als abgeschlossen markiert werden.
Wo ist ArcGIS Indoors schon im Einsatz? Habt ihr ein Beispiel?
Isabella: Als größte Referenz können wir ExxonMobil in den USA nennen. Da wurde das alles umgesetzt. Das Beispiel zeigt auch, wie flexibel sich die Lösung auf die Bedürfnisse der Unternehmen und der Belegschaft einstellen lassen. Ein Kriterium bei ExxonMobil war zum Beispiel, dass die ideale Route möglichst schattig ist und man nicht in der Sonne von Gebäude zu Gebäude laufen muss. Bei unserem Klima ist das vermutlich nicht so wichtig. Wir könnten das Routing höchstens so ausrichten, dass man nicht nass wird, wenn es regnet.
Vielen Dank fürs Gespräch!
Das Gespräch führte: Denis Heuring (WhereNext Redaktion)
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