In Krisensituationen stehen Hilfsorganisationen vor der Herausforderung, zeitnahe Informationen zur Lagebeurteilung zu erhalten. Fernerkundungs-, Geo- und 3D-Daten können dabei eine entscheidende Rolle spielen. Das Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) beschäftigt sich intensiv mit solchen Szenarien und Fragestellungen in verschiedenen Projekten.
Durch den Einsatz von Satelliten- und Drohnenaufnahmen wird z.B. eine rasche Erfassung von Schäden und Bedarfen in betroffenen Gebieten ermöglicht. Zusätzlich können 3D-Modelle genutzt werden, um Hilfskräfte auf realistische Situationen vorzubereiten und die Koordination von Hilfsmaßnahmen zu optimieren. So können Rettungseinsätze gezielter geplant und Versorgung bereitgestellt werden. Zwei Projektbeispiele werden in Folgendem genauer erläutert:
Krisenkartierung Ahrtal
Infolge der verheerenden Hochwassersituation in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz 2021, fanden im Oktober 2021 und 2022 zwei Feldübungen im Ahrtal statt, die vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und dem DLR/ZKI geleitet wurden. Der Fokus dabei lag auf dem Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen (UAV) zur Krisenkartierung, um den Überblick über die Lage im Katastrophenmanagement zu verbessern. Das ZKI-Team erstellte noch im Gelände aus den generierten Drohnenbildern lagegenaue, digitale Orthofotos und nutzte Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI), um Gebäude und Fahrzeuge automatisiert zu identifizieren. Die ad-hoc generierten Lageinformationen wurden in Karten integriert und mit Aufnahmen vor und nach der Flut verglichen. Die neu erstellten Kartenprodukte konnten noch vor Ort gedruckt und an die beteiligten Einsatzkräfte verteilt werden.
Im Nachgang zur Übung wurden u.a. Geländemodelle und 3D-Modelle aus diesen Daten abgeleitet, um einen besseren Einblick in die örtlichen Gegebenheiten zu erhalten und ein detailliertes Lagebild zu erzeugen. In dieser neuen komplexen Darstellung können insbesondere Aufnahmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten verglichen werden, um Veränderungen wie Schäden als auch Wiederaufbaumaßnahmen zu erkennen. Die Informationen werden in Webanwendungen integriert und zu einem umfassenden und aktuellen Lagebild verknüpft. Dieses dient als Grundlage für zielgerichtete Entscheidungsunterstützung von Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) und Rettungskräften vor Ort.
Bereitstellung von Hilfsgütern durch ferngesteuerte Trucks
Das DLR arbeitet im Projekt AHEAD/MaiSHU gemeinsam mit dem Welternährungsprogramm (WFP) daran, ein umfassendes System für die Lieferung von Hilfsgütern mithilfe ferngesteuerter Trucks zu entwickeln.
Das Betriebsszenario und die Routenplanung werden von einem Global Mission Operation Center (GMOC) aus überwacht und gesteuert. Das GMOC kann weltweit operieren und an einem zentralen Ort stationiert sein, der weit entfernt von den jeweiligen Einsatzorten liegen kann. Während der Entwicklungs- und Demonstrationsphase wurde im ZKI ein prototypisches Betriebszentrum eingerichtet, um erste Konzepte zu entwickeln und Elemente des GMOC zu testen. Die Hauptaufgaben umfassen die Vorplanung der Mission, das Gesamtmanagement der Einsatzabläufe und die Evaluierung der Einsätze. Dabei werden aktuelle Lagekarten und -bewertungen (basierend auf Erdbeobachtung und weiteren Geodaten) zur Unterstützung herangezogen. Das GMOC-Lagebild soll sämtliche relevanten Geoinformationen der Missionsregion bereitstellen. Dies reicht von einer Gesamtübersicht der Topographie, spezifischer Merkmale der geplanten Route (z.B. Hindernisse, Steigungen, Gebäude oder Brücken) bis hin zu semantischen Datenbanken, z.B. Kriseninformation (Hochwasser, Brandflächen) und zum Live-Tracking des Fahrzeugs. Darüber hinaus soll das Lagebild zukünftig auch bei der Kommunikationsplanung, wie z.B. der Funkverbindung, Verwendung finden.
Autorin:
Magdalena Halbgewachs
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation (ZKI)